Das geplante Jahressteuergesetz 2022 sorgt erneut für Aufregung: Laut Experten droht damit nächstes Jahr eine schmerzhafte Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Immobilien. Diese ist jedoch gut getarnt und fällt nicht sofort ins Auge, denn verändert werden sollen nicht die Steuersätze an sich, sondern nur die Bewertungs- und damit auch die Besteuerungsgrundlagen von Immobilien.

Schnelles Handeln ist gefragt

Wörtlich heißt es in dem Entwurf: „Mit den nunmehr vorgenommenen Änderungen des Bewertungsgesetzes werden insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung angepasst.“

Bei dem Gesetzesvorhaben handele es sich um „unauffällig wirkende Stellschrauben“, so Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Diese könnten jedoch wiederum die Werte, welche die Finanzämter heranziehen, stark steigen lassen. „Nimmt man alle Stellschrauben zusammen, kommen da leicht 20 bis 30 Prozent Steigerung der steuerlichen Werte zusammen.“ Im Extremfall könne es sogar zu einer Verdoppelung kommen, warnt die Expertin.

Bislang handelt es sich lediglich um einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Darin ist jedoch bereits die Rede von einer „Änderung des Bewertungsgesetzes“. Am 14. Oktober 2022 wurde das Jahressteuergesetz 2022 erstmals im Bundestag beraten und an den Finanzausschuss überwiesen. Um Rechtskraft zu erlangen, muss der Gesetzesentwurf zwar noch Bundestag und Bundesrat passieren – derzeit deutet aber alles darauf hin, dass dies zeitnah geschehen wird.

Änderung betrifft diese Immobilien

Betroffen wären hauptsächlich Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen, die im Ertrags- oder im Sachwertverfahren bewertet wurden. Noch stärker könne es allerdings bestimmte (teil-)gewerblich genutzte Immobilien treffen, da die Parameter zum Ansatz der Bewirtschaftungskosten verändert werden sollen.

Laut Jörg Passau, Vizepräsident der DANSEF (Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., Stuttgart), kommt erschwerend hinzu, dass mit dem geplanten Jahressteuergesetz 2022 zwar die für die Berechnung der Erbschafts- und Schenkungssteuer geltenden Werte der Immobilien deutlich erhöht, die entsprechenden Freibeträge bei der Vererbung oder Schenkung jedoch nicht angepasst werden sollen.

Die derzeit geltenden Erbschaftssteuer- und Schenkungsfreibeträge:

  • Ehegatten/Lebenspartner 500.000 Euro
  • Kinder und Stiefkinder 400.000 Euro
  • Enkel, deren Eltern verstorben sind 400.000 Euro
  • Enkel 200.000 Euro
  • Eltern und Großeltern eines Verstorbenen 100.000 Euro
  • alle übrigen Erben 20.000 Euro

Pikantes Detail am Rande: Ziemlich merkwürdig an den geltenden Freibeträgen ist, dass Verwandte ersten Grades (Eltern und Kinder) hier mitnichten gleichbehandelt werden. Stirbt ein Elternteil, so hat jedes Kind einen Freibetrag von 400.000 Euro. Stirbt aber ein Kind, so hat jeder Elternteil lediglich einen Freibetrag von 100.000 Euro. Die „Logik“ des Gesetzgebers ist hier nicht nachvollziehbar.

So schützen Sie Ihr Vermögen

Aber wie dem auch sei: Selbst die höchsten dieser Freibeträge dürften nach Inkrafttreten des Gesetzes insbesondere bei Immobilien in Ballungsgebieten häufig überschritten werden, womit Beschenkte und Erben ab 2023 eine deutlich höhere Steuerlast trifft.

Fazit: Planen Sie rechtzeitig, um Ihr Vermögen zu schützen!

Wer sich ohnehin bereits mit dem Gedanken trägt, Immobilien z. B. an seine Kinder zu übertragen, sollte sich beeilen und noch dieses Jahr tätig werden, betont Jörg Passau.

Immerhin: Der maßgebliche Zeitpunkt hierfür ist nicht erst das Eintragungsdatum im Grundbuch, sondern bereits der Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung. Konkret heißt dies, dass die Schenkung eines Grundstücks steuerrechtlich bereits dann als ausgeführt gilt, wenn die Auflassung erklärt ist und die Eintragungsbewilligung der Eigentumsänderung formgerecht abgegeben wurde (notarieller Überlassungsvertrag mit Grundbucherklärung).

Quellen: Deutscher Bundestag – Drucksache 20/3879, Steuertipps.de, Eigentümerverband Haus & Grund, focus.de, wirtschaftswoche.de, anwalt.de, verbaende.com